Lüchow: Kreativität gegen Leerstand

Zu unrentabel, kein Nachfolger in Sicht - es gibt viele Gründe, warum immer mehr Läden in den Städten leerstehen. "Die Kultschwestern" wollen jetzt das ehemalige "Stoffparadies" in Lüchow mit kreativem Leben füllen.

"Alles beginnt mit einem Angebot. Der Laden steht leer, das Schaufenster gähnt. Das ruft die Kultschwestern auf den Plan." So beginnt das Manifest der "Kultschwestern", die in diesen Tagen in Lüchow einen neuen Raum schaffen.

Raum wollen sie schaffen: Für Ideen. Für kreatives Schaffen. Zum Verkaufen der Dinge, die dort entstanden sind und Raum für die Weitergabe von Wissen - über Nähen, Tischlern, Weben oder, oder, oder ...

"Das Konzept ist – ein offenes Konzept. Es darf wachsen," so Antje Scharmer , eine der "Kultschwestern". "Mit den Menschen, mit ihren Ideen und ihrer Tatkraft." "Dabei sind nicht nur Frauen angesprochen. Ja auch Männer können prima Kultschwestern sein," ergänzt Mareike Scharmer . Und Elke Kuhagen , Schneiderin aus Salderatzen und dritte "Kultschwester" im Bunde, sieht hier die Gelegenheit gekommen, ihr Wissen über das Nähen von Kleidung an Interessierte weiterzugeben. "Die Menschen haben vergessen, wieviel Aufwand es kostet, schöne Dinge zu produzieren," so Kuhagen. Sie möchte vor allem handwerkliche Techniken wieder ins Bewusstsein rufen.

"Äkschen gegen Leerstand"

Mit dem ehemaligen Ladengeschäft an der Langen Straße 45 haben sich die Schwestern (Antje und Mareike Scharmer sind auch im wirklichen Leben Schwestern) einen Raum ausgesucht, der jahrelang für kreatives Schaffen stand. Bis vor einiger Zeit bot hier das "Stoffparadies" all denen Material und Rat, die mit Stoff, Wolle und Garn kreativ werden wollten.

Seitdem das "Stoffparadies" ausgezogen war, stand der Laden leer - mit wenig Perspektive, einen neuen Gewerbemieter zu finden. Das rief die "Kultschwestern" auf den Plan (siehe Manifest). Drei Monate lang, bis Weihnachten, wollen sie nun ausprobieren, wie ihr Konzept ankommt.

Drei Monate lang werden sie also nun in der Langen Straße produzieren: Mareike Scharmer ihre bunten Möbel und Accessoires wie bunt bemalte Schuhe, Elke Kuhagen Kleidung und Antje Scharmer handgewebte Stoffe. Mit von der Partie ist auch Annette Brandhorst aus Gartow, die dort Weidenflecht- und Kranzbindekurse anbieten wird.

Und schon melden sich erste weitere InteressentInnen: die drei InitiatorInnen waren am Donnerstag noch mit der Einrichtung beschäftigt, da kam schon eine Goldschmiedin vorbei und überlegte spontan, wie sie sich an der "Äkschen gegen den Leerstand" beteiligen könnte. 

Auch sie verstand sofort, was die drei Kreativen antreibt: ein leerer Raum, der zu einem Freiraum, zu einem Spielraum werden kann. "Hier haben wir den Platz, um uns gegenseitig zu inspirieren mit unserem handwerklichen, künstlerischen und geistig-kreativem Können", so Mareike Scharmer. "Und was dabei am Ende rauskommt, das wissen wir heute noch nicht."

Zum Beispiel Raum für Workshops, wo alle Begeisterten sich von Elke Kuhagen zeigen lassen können, wie man liebevoll einen Rock von Hand zusammenstichelt (hier sind übrigens auch Kinder angesprochen). Oder mit Mareike Scharmer erforschen, wie man Mosaikteilchen zu alltagstauglichen Gegenständen zusammenpuzzelt. Oder mit Annette Brandhorst lernen, wie man rankende Hagebuttenzweige zu allerliebsten Kränzchen formt. Oder, oder, oder ... " Selber was machen und anderen zeigen wie`s geht," ist das gemeinsame Motto der "Kultschwestern".

Feste Öffnungszeiten wird der Laden nicht haben. Aber wer sich über die Aktivitäten in der Langen Straße 45 interessiert, kann sich auf http://kultschwestern.blogspot.de/ über die aktuellen Termine informieren.

Niemand weiß, ob das Projekt über Weihnachten hinaus Bestand haben wird. Aber die drei "Kultschwestern" sind ganz optimistisch, dass sie mit ihren Angeboten viel Resonanz haben werden. Nicht zuletzt sollen auch die im Laden entstandenen Produkte verkauft werden. Ausstellungen sind ebenso möglich wie weitere Kursangebote. Weitere Ideen, den Raum über Weihnachten hinaus zu erhalten, sind herzlich willkommen!

Das was im Design Camp in Kukate als "coworking space" oder "social innovation" vorgestellt wurde, wird in der Langen Straße45 ganz praktisch und recht bunt gelebt - ohne ideologischen Überbau, ohne feste Vorgaben und ohne Einschränkung der Möglichkeiten im Voraus: produzieren, sich gegenseitig inspirieren, Wissen weitergeben, voneinander lernen ...

Also auf in die Lange Straße 45, schauen, was dort passiert und .... MITMACHEN!

Übrigens: eine kleine Fotoausstellung von Dominique Chasseriaud informiert im Durchgang zum Laden über leerstehende Ladengeschäfte in Lüchow.

Foto / Angelika Blank: Die Schuhe, die Mareike Scharmer im Schaufenster der "Kultschwestern" arrangiert, werden in den nächsten Wochen sehr viel bunter werden ...